Positionspapier der Parlamentarischen Linken zur Situation von Schutzsuchenden in Griechenland

Die bereits seit Jahren existierende Situation von Geflüchteten im europäischen Raum,
aber auch in den außereuropäischen Grenzgebieten, macht uns große Sorgen und ist
nach humanitären und auch nach juristischen Maßstäben nicht hinnehmbar.
Nach der Eskalation an der griechischen Grenze musste eine schnelle und akute Lösung
gefunden werden für die besonders schutzbedürftigen Menschen auf den griechischen
Inseln.

Im Koalitionsausschuss haben wir als SPD nach äußerst zähen Verhandlungen mit der
CDU und CSU durchgesetzt, dass so schnell und unbürokratisch wie möglich geholfen
werden soll. Der deutsche Anteil der 1.600 Kinder, auf deren koordinierte Aufnahme sich
eine europäische Koalition der Willigen geeinigt hat, muss schnellstmöglich in einer
Koalition der Handelnden nach Deutschland kommen. Die Aufnahme dauert schon viel
zu lange. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Gefahr durch die Corona-Pandemie
müssen wir gemeinsam mit anderen Staaten wie Luxemburg mit dieser Evakuierung
umgehend beginnen. Wir stellen aber auch klar:
Uns reicht das nicht!

Wir freuen uns über jedes Kind, das durch diesen Beschluss auf sicherem Wege nach
Europa und zu uns nach Deutschland gelangen kann. Das muss auch, und in Hinblick auf
schwer erkrankte Kinder, erst recht in Zeiten von Corona zügig umgesetzt werden. Ein
negativer Corona-Test als Voraussetzung ist dabei ebenso unabdingbar wie
Sicherheitsmaßnahmen nach der Ankunft in Deutschland.

Wir als SPD sehen uns in der Verantwortung, hilfebedürftigen Kindern, Frauen und
Familien in größerem als bisher zugestandenem Maß zu helfen. Dabei darf es nicht
alleinig um die Festlegung von Kontingenten gehen.

Wir fordern:

… unseren EU-Partner Griechenland auf, einen humanen Umgang mit Geflüchteten an
den Tag zu legen und bestehendes Völkerrecht zu achten. Wir erkennen an, dass die
griechische Zivilbevölkerung und Hilfsorganisationen in den letzten Jahren eine große
Verantwortung übernommen haben bei der Aufnahme und Versorgung der sich in  Griechenland aufhaltenden Schutzsuchenden. Die Nichteinhaltung der Genfer
Flüchtlingskonventionen und eine generelle Aussetzung des Rechts auf Asyl sind aber
genauso wenig akzeptabel wie Push-Backs und unverhältnismäßige Gewalt.

… die sofortige Evakuierung der Asylsuchenden von den griechischen Inseln in
akzeptable Aufnahmezentren auf das griechische Festland und eine Verteilung der
Schutzsuchenden im Rahmen einer europäischen Koalition der Willigen. Zahlreiche
Kommunen in Deutschland haben ihre Bereitschaft zur Aufnahme bereits signalisiert.
Auch im Rahmen des Anspruchs auf Familienzusammenführung müssen wir schneller als
bisher Menschen aus prekären Situationen nach Deutschland holen – auch, wenn wir
vorangehen.

…die Einhaltung des bestehenden Völkerrechts zu achten. Die Genfer
Flüchtlingskonvention fordert, dass jede Person das Recht darauf hat, als Geflüchtete*r
registriert zu werden. Des Weiteren besteht ein Recht auf Schutz vor Ausweisung. Die
Genfer Flüchtlingskonvention darf nicht unterlaufen werden

…die EU auf, im Rahmen von Soforthilfe dafür zu sorgen, dass die Grenzsicherung im
griechisch-türkischen Grenzgebiet wieder den rechtlichen Standards genügt und
Rechtsbrüche wie Push-backs sofort beendet werden.

… die EU auf, die finanzielle und organisationale Hilfe für die von
Flüchtlingsbewegungen besonders betroffenen Länder zu erhöhen. Es muss
schnellstmöglich ein neues EU-Türkei-Abkommen ausverhandelt werden und
Griechenland nachvollziehbar in der Lage sein, humanitäre Bedingungen für die
Geflüchteten vorzuhalten. Für aufnahmebereite EU-Länder muss es einen
unterstützenden finanziellen Bonus geben.

… die Bundesregierung auf, auch die Ratspräsidentschaft zu nutzen, um endlich zu
langfristigen Lösungen für eine humane, solidarische und rechtssichere EU-Asylpolitik
zu kommen. Es darf nicht sein, dass immer wieder auf Notsituationen reagiert wird.
Stattdessen muss das Ziel sein, genau diese gar nicht erst entstehen zu lassen.

… unseren Koalitionspartner CDU und CSU auf, sich an ihre christlichen Werte zu
erinnern und die Hilfe nicht auf 1500 Kinder zu begrenzen, sondern hier für eine
menschliche und langfristige Lösung offen zu sein.