Meine Erklärung zum Kohleausstiegsgesetz

Hunderte Mitbürgerinnen und Mitbürger haben mir zum beschlossenen Kohleausstiegsgesetz geschrieben. Das kann ich gut verstehen, denn die Entscheidung über den Kohleausstieg ist zentral in unserem gemeinsamen Kampf gegen die Klimakrise. Ich selbst habe an der Bundestagsabstimmung nicht teilgenommen, weil ich mich derzeit noch in Mutterschutz befinde.

Mir ist klar, dass ein Kohleausstieg 2038 für viele nicht früh genug kommt und um es vorab zu sagen: mir auch nicht. Denn ich denke, dass Deutschland früher aus der Kohle aussteigen könnte. Dennoch standen wir beim Kohleausstiegsgesetz vor der Herausforderung, unterschiedliche Forderungen unter einen Hut zu bekommen: sei es von der Industrie bis zu Gewerkschaften und den Umweltverbänden. Hinzu kam, dass wir uns auch als Große Koalition verständigen mussten. Insofern muss man das jetzige Kohleausstiegsgesetz auch daran messen, dass wir trotz vieler kurzfristiger Interessen das langfristige Ziel des Klimaschutzes nicht aus den Augen verloren haben.

Dazu sind mir drei Dinge wichtig: erstens ist der Kohleausstieg mit diesem Gesetz endgültig beschlossen. Da das auf einem breiten Konsens entschieden wurde, steht fest, dass er spätestens 2038 kommt. Und ich will auch betonen: im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern steigt Deutschland damit nach der Atomkraft aus der zweiten schädlichen Energietechnologie aus. Zweitens gibt das Gesetz aber die Chance, dass Deutschland auch noch früher aussteigen kann. Denn in den Jahren 2026, 2029 und 2032 wird überprüft, ob Kraftwerke, die erst nach 2030 abgeschaltet werden sollen, nicht schon drei Jahre früher abgeschaltet werden. Das ist dann die restliche Hälfte der Kohlekraftwerke, die heute noch in Betrieb sind. Mit anderen Worten: wenn es uns nach der Bundestagswahl 2021 gelingt, eine parlamentarische Mehrheit ohne die CDU/CSU hinzubekommen, dann können und werden wir den Kohleausstieg so beschleunigen, wie wir uns als SPD das eigentlich schon heute wünschen würden. Denn Fakt ist leider auch, dass die CDU/CSU immer wieder auf der Bremse steht. Und drittens gibt das Kohleausstiegsgesetz Planungssicherheit und Rechtssicherheit. Das heißt, dass wir Strafzahlungen in Milliardenhöhe an die Betreiberunternehmen verhindern. Anders als das leider passiert ist, als die schwarz-gelbe Bundesregierung 2010 erst den Atomausstieg ausgebremst und dann nach Fukushima doch ausgestiegen ist. Dieses Hin und Her hat den deutschen Staat über vier Milliarden Euro Strafe gekostet. Klar kann man einwenden, dass Deutschland jetzt dennoch 4,35 Milliarden Euro Entschädigungen an die Betreiber von Braunkohlekraftwerken zahlen muss. Allerdings steht ihnen das Geld leider zu, weil Strom aus Kohle in Deutschland bisher selbstverständlich war und sie wegen dem bisher geltenden Recht Geld in diese Technologie investiert haben. Zudem wären die Kosten für den Staat nochmal deutlich höher, wenn die Betreiber das Geld vor Gericht einklagen würden. Mit der jetzigen Einigung verzichten sie auf Klagen, wenn Kraftwerke stillgelegt werden und auch auf betriebsbedingte Kündigungen für die Beschäftigten. Klar ist aber auch, dass die Verträge zwischen Staat und Kohlebetreiber offen einsehbar sein müssen. Dafür werde ich mich einsetzen.

Um den Kohleausstieg insgesamt sozial verträglich zu gestalten, investieren wir zusätzlich 40 Milliarden Euro in die betroffenen Regionen (NRW, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg). Dadurch schaffen wir eine langfristige Perspektive für Beschäftigte und legen die Grundlage für nachhaltige Technologien als Beitrag zum Klimaschutz (z.B. grüner Wasserstoff, Abfall- und Kreislaufwirtschaft usw.). Was heißt das Kohleausstiegsgesetz jetzt aber für die Klimaziele, die Deutschland 2015 in Paris zugesagt hat? Deutschland will bis 2050 klimaneutral zu sein und das Ziel können wir erreichen. Zumal das vor einigen Monaten beschlossene Klimaschutzgesetz dafür sorgt, dass die Klimaziele nicht nur gesetzlich verankert sind; vielmehr lässt sich damit auch kontrollieren, wie weit welcher Sektor (z.B. Energiewirtschaft, Verkehr usw.) bei der Umsetzung des Klimaschutzes ist und ob er nachbessern muss. Das gilt gerade auch für den Energiesektor, zu dem Strom aus Kohle gehört.

Wir werden aber die Klimaziele nicht erreichen, wenn wir nicht auch Erneuerbare Energien ausbauen. Deswegen haben wir gesetzlich verankert, ihren Anteil bis 2030 auf 65 Prozent zu erhöhen. Dazu werden wir stärker in Wind- und Sonnenenergie investieren, Bürgerinnen und Bürger stärker an den Erlösen der Windenergie beteiligen, den Mieterstrom reformieren und große Solar-Dachanlagen besser fördern. Daneben muss die Umsetzung der Ziele regelmäßig überprüft werden, damit ggf. nachgesteuert werden kann.

Um es abschließend nochmal zu betonen: uns allen in der SPD ist sehr bewusst, dass dieses Kohleausstiegsgesetz noch nicht das erfüllt, was im Kampf gegen die Klimakrise nötig ist. Und dennoch: es ist eine Grundlage, um diese Jahrhundertaufgabe zu bewältigen. Doch ich für meinen Teil will, dass wir dieses Problem demokratisch lösen und das ist manchmal zäh. Deshalb müssen wir in den nächsten Monaten und Jahren weiter harte Bretter bohren. Ja, daraus können und werden auch immer wieder Ungeduld und Enttäuschung entstehen. Doch ich für meinen Teil gehe aus der jetzigen Entscheidung motiviert raus, weiter hart für den Schutz unseres Klimas zu kämpfen.