Ganz neue Abenteuer: Mein Start ins FSJ bei Wiebke

Ich bin Cara, 18 Jahre alt, und seit Anfang September die neue FSJlerin im Büro von Wiebke Esdar. Nach etwas mehr als 2 Monaten im Wahlkreis- und im Bundestagsbüro habe ich gerade die ersten Sitzungswochen des Deutschen Bundestags erlebt. Das nehme ich mal zum Anlass, um ein bisschen zu berichten.

Los ging es Anfang September Montagmorgen kurz vor 9 am Bielefelder Hauptbahnhof. Zur Sondersitzung des Bundestags fährt Wiebke nach Berlin und ich fahre mit!

Ich war also nicht nur wegen meines ersten Arbeitstages sehr aufgeregt, zusätzlich sollte ich auch noch fast 3 Stunden im Zug neben einer echten Bundestagsabgeordneten sitzen, die ich persönlich eigentlich noch gar nicht kannte. Weder das eine noch das andere war im Nachhinein Grund zur Aufregung. Wiebke ist sehr nett und hatte schon im Zug viel zu tun.  Außerdem wurde am Montag erstmal meine Vorgängerin Madita verabschiedet. In entspannter Runde mit ein bisschen “Bundestags-Talk”  konnte ich daher alle aus dem Büro in Ruhe kennenlernen.

Am Mittwoch ging es für mich auch schon wieder zurück nach Bielefeld. Bis zur Bundestagswahl ist in Berlin nicht mehr viel los, stattdessen lerne ich das Wahlkreisbüro in der Arndtstraße kennen. Zu meiner Arbeit gehört hier zum Beispiel die tägliche Presseschau mit den relevanten Bielefeld-Nachrichten, außerdem kann ich Wiebke zu einigen Terminen begleiten und so hautnah miterleben, wie die Arbeit einer Politikerin aussieht, wenn sie nicht gerade in Berlin ist. Die Wochen vergingen wie im Flug (mit vielen Schoko-Wecken, Knoppers und Katjes) und schon saßen wir zusammen bei der Wahlparty am 26. September. Schnell war klar: Wiebke ist eindeutig wiedergewählt (und mein Arbeitsplatz ist auch gesichert)!

Zum Abschied aus Bielefeld gab es noch ein paar Wünsche („Besorg mir ein Autogramm von Philipp Amthor” oder „Mach mal ein paar gute Handball-Gesetze”), aber vor allem auch immer wieder die Frage: „Was machst du da dann genau?”. Und ehrlich gesagt konnte ich mir selber auch nicht wirklich vorstellen, was da auf mich zukommt.

Madita hatte mir einen kleinen Einblick in meine Aufgaben gegeben und auch erzählt, dass es am Anfang alles überwältigend erscheint, man sich daran aber nach einiger Zeit gewöhnen würde. Aber das konnte ich mir an meinen ersten Tagen (und Wochen) überhaupt nicht vorstellen. Auf einmal wurde um mich herum mit Abkürzungen und Fachbegriffen jongliert, LG heißt nicht mehr „Liebe Grüße” sondern Landesgruppe, es ist die Rede vom BMBF (Bundesministerium für Bildung und Forschung), PGF (Parlamentarische*r Geschäftsführer*in), WBH (Willy Brandt Haus) oder auch dem WissZeitVG (Wissenschaftszeitvertragsgesetz). Außerdem sind die Gebäude riesig, es gibt gefühlt unendlich viele Gänge und Räume. Ich war mehr als nur ein bisschen überfordert. Gleichzeitig fand ich es aber auch ziemlich cool, jeden Morgen “einfach so” in den Bundestag zu spazieren.

Trotzdem war ich ganz froh, dass der normale parlamentarische Alltag nicht sofort losging. So konnte ich mir alles erklären lassen, mich erstmal ganz in Ruhe zurechtfinden und ein bisschen Berlin erkunden. Inzwischen bin ich seit 7 Wochen hier und bekomme erst so langsam das Gefühl, mich an alles zu gewöhnen.

Im Bundestag gibt es noch andere Abgeordnete, die ein FSJ anbieten. Und auch bei den anderen FSJler*innen ging es nach der Wahl eher gemütlich los, sodass wir genug Zeit hatten, uns beim Mittagessen in der Kantine auszutauschen und kennenzulernen. Als Mitte Oktober der große Zapfenstreich vor dem Reichstagsgebäude war, hatten wir uns zum Beispiel zum “Promis-gucken“ verabredet. Zu viert standen wir dann im 5. Stock des Paul-Löbe-Hauses an der Brüstung und beobachteten die Leute im Erdgeschoss beim Empfang des - zu diesem Zeitpunkt noch amtierenden - Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble. Wir waren ein bisschen enttäuscht, dass wir die Bundeskanzlerin nicht zu Gesicht bekommen haben, dafür konnten wir unter anderem Frank-Walter Steinmeier und Annegret Kramp-Karrenbauer beobachten, wie sie die Torte in Reichstagsform verspeisten.

Zu meinem FSJ gehören auch insgesamt 5 Seminarwochen. Ende Oktober trafen wir uns zum ersten Mal in Potsdam. Dabei waren etwa 25 Leute, die auch ein FSJ-P, also ein “Freiwilliges Soziales Jahr im politischen Leben”, in Berlin machen. Los ging es am Montag mit einem großen Kennen- und Namenlernen. Am Dienstag hat jede*r die eigene Einsatzstelle vorgestellt. Es gibt ganz unterschiedliche: vom deutschen Juristinnenbund bis zur Pressestelle des Unfallklinikums – oder eben im Bundestag. Da wir sieben Freiwillige aus dem Bundestag waren und uns untereinander teilweise schon kannten, gab es ein großes gemeinsames Plakat zum Bundestag. Danach haben wir noch jeweils “unsere*n” Abgeordnete*n vorgestellt. Das klingt etwa so: „Wir machen kommunale Finanzen“ oder „Mein MdB kümmert sich um die Landwirtschaft“… Die nächsten vier Seminarwochen werden wir selber in Gruppen vorbereiten. Dazu mussten also vier Themen her, die irgendwie alle interessant finden. Die Schwierigkeit dabei war nicht, überhaupt Themen zu finden, davon hatten wir mehr als genug. Zum Problem wurde eher, dass am Ende tatsächlich nur noch vier Themen-Karten an der Wand kleben. Nach langer Diskussion und mehreren Abstimmungsdurchgängen konnten wir uns schließlich einigen. Im Januar geht es dann weiter mit einer Seminarwoche zum Thema „Verschwörungstheorien“.

In Berlin sind während meiner Seminarwoche schon die Koalitionsgespräche gestartet, Wiebke ist in der Verhandlungsgruppe “Innovation, Wissenschaft und Forschung”. Für Wiebke und Lukas (unser wissenschaftlicher Mitarbeiter) sicher außergewöhnliche Zeiten, für mich hat sich vor allem geändert, dass auf einmal deutlich mehr Menschen im Bundestag unterwegs sind. Ansonsten habe ich meine Aufgaben weiter fortgeführt, dazu gehört auch in Berlin die Presseschau für Bielefeld, einige Telefonate, ab und zu eine Recherche und das Sortieren von Post und Mails. Das klingt vielleicht erstmal nicht sehr spannend, da sind aber immer interessante oder auch witzige Dinge dabei: Bürger*innenmails zu Cannabis, Leiharbeit oder Atomwaffen, Einladungen von Lobbyverbänden oder auch der “aktuelle Begriff” der wissenschaftlichen Dienste des Bundestags. Es gibt auch fast jeden Tag neue große und kleine Highlights, zum Beispiel der Drucker, der auch direkt tackern kann, eine Mail vom “Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie” oder der Auftrag, noch schnell ein paar Gläser vorbeizubringen, damit die Verhandlungsgruppe der SPD nicht auf dem Trockenen sitzt.

Wenn es demnächst eine Regierung gibt und dann auch der Parlamentsalltag samt Ausschuss-Arbeit richtig losgeht, habe ich bestimmt noch mehr Antworten auf die Frage: Was mache ich hier eigentlich?