Was jetzt zu tun ist: Vier konkrete Vorschläge der jungen SPD-Bundestagsabgeordneten für das Klimakabinett

Klimaschutz und Energiewende sind zwei zentrale Themenfelder der Zukunft. Nicht zuletzt die Online-Abstimmung über die wichtigsten aktuellen Themen im Vorfeld der SPD-Regionalkonferenzen hat gezeigt, dass der Klimaschutz auch bei den SPD-Mitgliedern weit vorne steht. Gerade wir jungen SPD-Abgeordneten verlangen Antworten, die über den Tag hinausgehen, und eine soziale Umwelt- und Klimapolitik. Das ist eine Frage der Generationengerechtigkeit. Ambitionierte Umwelt- und Klimapolitik darf nicht gegen ursozialdemokratische Politik im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch in der Industrie gestellt werden. Beides geht zusammen. Dafür stehen wir seit vielen Jahrzehnten. Daher müssen die Koalitionspartner im Klimakabinett und der Koalitionsrunde am Donnerstag konkrete Antworten geben und Gesetzentwürfe vorlegen. Die Zeit des Hinhaltens und Verzögerns ist jetzt vorbei! Wir erwarten, dass auch die unionsgeführten Ministerien konkrete Zielmarken akzeptieren, die wir zum Erreichen der Klimaziele benötigen. Wir haben konkret fünf Erwartungen:

 

1.    Das Klimaschutzgesetz muss kommen. Die von der CDU/CSU-geforderte Vertiefung des Handels mit CO2 Zertifikaten reicht alleine nicht aus, genauso wenig wie monetäre Anreize durch milliardenschwere Förderprogramme, die steuerliche Absetzbarkeit energetischer Gebäudesanierung, die Senkung der Mehrwertsteuer auf Bahntickets oder die Verteuerung innerdeutscher Flüge und CO2 einen Preis zu geben. Im Klimaschutzgesetz müssen die Klimaziele sektorenspezifisch für die Bereiche Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft rechtlich verbindlich verankert und mit klaren Verantwortlichkeiten der jeweiligen Ressorts verbunden werden. Als erste Industrienation der Welt und spätestens im Jahr 2050 wollen wir das Ziel der Klimaneutralität erreichen und gleichzeitig eine starke und zukunftsfähige Industrie sichern. Hier hat unsere Umweltministerin Svenja Schulze mit ihrem Gesetzentwurf eine wichtige Grundlage gelegt.

 

2.    Das Kohleausstiegsgesetz muss kommen. Sieben Monate nach dem Abschlussbericht der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung muss endlich auch das Kohleausstiegsgesetz vorgelegt und noch in diesem Jahr vom Bundestag beschlossen werden. Mit dem Beschluss des Strukturstärkungsgesetz haben wir vorgelegt und bewiesen: Wir stehen für Strukturwandel, der die Zukunft der Regionen sichert und Strukturbrüchen begegnet. Wir stehen an der Seite der Menschen in den Regionen.

 

3.    Ohne einen klaren, nachvollziehbaren und realistischen Ausbaupfad für die Erneuerbaren Energien werden wir unser 65 Prozent Ziel erneuerbarer Energie am Strommix im Jahre 2030 nicht erreichen. Wir brauchen einen Zubau von Wind, vor allem auf der See (Offshore) und von Sonnenenergie (Photovoltaik). Insbesondere Bayern und Baden-Württemberg sind im Vergleich mit anderen Bundesländern noch weit hinter den Ausbauzielen zurück.  Beschränkende Elemente, wie zum Beispiel der PV- oder der Offshoredeckel, die noch aus einer Zeit stammen, in denen diese Technologien teuer waren, müssen aufgehoben werden.

Vor allem die Photovoltaik genießt heute eine große Akzeptanz. Neben der Festlegung ambitionierter Ausbaupfade werden wir bürokratische und ökonomische Hemmnisse insbesondere beim Mieterstrom abbauen, damit auch Menschen mit geringerem Einkommen von preisgünstigem Sonnenstrom vom Dach ihrer Mietwohnung profitieren können. Das Baugesetz ist so zu ändern, dass insbesondere bei Fabrik-, Gewerbe- und Logistikhallen, die Nutzung von Sonnenenergie zwingend vorgeschrieben wird. Auch neue flächenschonende Formen des Photovoltaik-Einsatzes in der Landwirtschaft sollten ermöglicht werden.

Akzeptanz bei der Windkraft an Land (Onshore) kann es nur dann geben, wenn es attraktive finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten für Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürgern gibt und die Wertschöpfung vor Ort bleibt und nicht abfließt. Für den Ersatz von älteren leistungsschwächeren durch moderne leistungsstärkere Windkraftanlagen (Repowering) muss es planerische Erleichterungen geben.

4.    Wir müssen und wollen den CO2-Ausstoß verringern. Das Beispiel anderer europäischer Länder zeigt: Die CO2-Bepreisung ist ein Bestandteil, dieses Ziel zu erreichen. Deshalb erwarten wir eine zeitnahe und effektive CO2-Bepreisung, die den Klimaschutzzielen verpflichtet ist. Eine Reduktion von CO2 und anderen Treibhausgasen muss unabhängig von der Konjunktur dauerhaft gelingen. Zur Akzept und sozial gerechten Umsetzung einer CO2-Bepreisung ist es unabdingbar, Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen mitzunehmen. Eine Rückvergütung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung, die untere und mittlere Einkommen sogar entlastet, ist deshalb zwingend vorzusehen. Der beste Schritt aber CO2 zu verringern, ist die Erweiterung des Bus- und Bahnangebots – vor allem für die Menschen im ländlichen Raum.

 

Die Modernisierung unserer Gesellschaft wollen wir sozial, gerecht und zukunftsorientiert umsetzen. Wir sind sicher: Ein starker Industriestandort mit gut bezahlten Arbeitsplätzen und Klimaschutz schließen sich nicht aus, sondern sie bedingen einander. Wir müssen die ökologische Frage sozial beantworten – das bedeutet, alle Maßnahmen zum Klimaschutz in eine Strategie zur Zukunft unserer Industrie in Deutschland einzubetten. Wir wollen die Transformation der Industrie gestalten und Arbeitsplätze sichern. Innovationen bei erneuerbaren Energien und neuer Antriebstechnologien oder der Ausbau der Schieneninfrastruktur stärken unsere Wirtschaft und schaffen neue Arbeitsplätze. Wir brauchen deshalb ein groß angelegtes Investitions- und Modernisierungsprogramm für unser Land. Wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen, damit die neuen Technologien Erfolgsgeschichten werden.

Gerade auch junge Menschen, die sich in der Ausbildung oder im Studium befinden oder eine Familie gründen, haben geringere finanzielle Mittel zur Verfügung. Wir wollen deshalb eine leistungsgerechte Beteiligung aller Teile unserer Gesellschaft an den notwendigen Zukunftsinvestitionen. Das heißt: Starke Schultern müssen mehr tragen! Klimaanleihen mit einer Festverzinsung von 2 Prozent, wie sie CDU/CSU ins Spiel bringen, sind nichts anderes als eine Umverteilung von unten nach oben, von niedrigen und mittleren Einkommen zu kapitalstarken Finanzinvestoren. Das ist Klimapolitik der sozialen Kälte, ökonomisch völlig unsinnig und sicher nicht unser Weg.

 

Berlin, den 18. September 2019

Dr. Wiebke Esdar, MdB

Timon Gremmels, MdB

Elisabeth Kaiser, MdB

Elvan Korkmaz, MdB

Helge Lindh, MdB

Isabel Mackensen, MdB

Siemtje Möller, MdB

Falko Mohrs, MdB

Josephine Ortleb, MdB

Johannes Schraps, MdB

Michael Schrodi, MdB

Dr. Manja Schüle, MdB

Marja-Liisa Völlers, MdB